Wenn sich ein Infekt an den nächsten reiht, kann das Familien schnell an ihre Grenzen bringen. Kaum ist die letzte Erkältung überstanden, läuft schon wieder die Nase oder das Fieber steigt. Doch auch wenn häufige Infekte in den ersten Lebensjahren ganz normal sind, bedeutet das nicht, dass man nichts dagegen tun kann. Es gibt viele Möglichkeiten, das Immunsystem deines Kindes sanft und gezielt zu unterstützen. Kinderärztin Dr. Anna Sternbauer zeigt dir, worauf es ankommt und teilt 9 alltagstaugliche Tipps, wie du das Immunsystem deines Kindes stärken kannst.
9 Tipps zur Stärkung des Immunsystems von Kindern
#1 Reichhaltige und ausgewogene Ernährung mit vielen Mikronährstoffen
Eine ausgewogene Ernährung ist die Grundlage für ein funktionierendes Immunsystem. Der Körper braucht bestimmte Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, um Immunzellen zu bilden und Abwehrreaktionen zu steuern.
Besonders wichtig für Kinder sind:
Unterstützend für | Enthalten in | |
Vitamin A |
Sehkraft Wachstum Haut und Schleimhäute Immunsystem |
Karotten Süßkartoffel Spinat Grünkohl Eigelb Milchprodukte Leber |
Vitamin C |
Immunsystem Eisenaufnahme Wundheilung Zellschutz (Antioxidans) |
Zitrusfrüchte Paprika Brokkoli Kohlsprossen Erdbeeren Kiwi Sanddorn |
Vitamin D |
Knochenaufbau Immunsystem Muskelfunktion |
Nur wenige Lebensmittel enthalten hohe Vitamin D Konzentrationen, etwa fettreiche Fische (Lachs, Hering…), Leber oder Eigelb |
Folsäure |
Zellteilung Immunantwort |
Blattgemüse Hülsenfrüchte Vollkornprodukte Eier |
Eisen |
Blutbildung Konzentration |
Fleisch Linsen Haferflocken |
Jod |
Schilddrüse Wachstum |
Seefisch Jodiertes Salz |
Zink |
Immunsystem Antioxidans |
Fleisch Milchprodukte Spinat Haferflocken Weizenkeime Vollkornprodukte |
Eltern-Tipp: Kinder sind oft wählerisch beim Essen. Statt Druck auszuüben, helfen kreative Rezepte, kleine Portionen, bunte Teller oder gemeinsames Kochen, um Lust auf gesunde Kost zu machen.
Die Kindheit ist eine entscheidende Phase für Wachstum, Entwicklung und ein starkes Immunsystem. Doch trotz aller Bemühungen finden Karotte, Apfel, Paprika und Co nicht nur Fans unter den kleinen Gourmets. Viele Kinder essen zu einseitig – das kann zu Nährstofflücken führen, die durch gezielte Substitution von Mikronährstoffen behoben werden können.
Wann Nahrungsergänzung sinnvoll ist
Eine gesunde Ernährung bleibt das A und O. Aber bei erhöhtem Bedarf – etwa bei schlechter Essgewohnheit, Infektanfälligkeit oder in Wachstumsphasen – kann eine kindgerechte Nahrungsergänzung helfen. Nahrungsergänzung ersetzt keine gesunde Ernährung – kann aber gezielt unterstützen, wenn Kinder nicht genug Nährstoffe über die Nahrung aufnehmen.
#2 Ausreichend Flüssigkeit
Kinder vergessen oft, genug zu trinken. Dabei ist Flüssigkeit essenziell, damit Schleimhäute in Nase und Rachen nicht austrocknen – denn nur gut befeuchtete Schleimhäute können Krankheitserreger effektiv abwehren. Empfohlen sind 800- 1000 ml pro Tag am besten in Form von Wasser und ungesüßten Tees.
#3 Tägliche Bewegung stärkt die körpereigene Abwehr
Regelmäßige Bewegung fördert die Durchblutung, aktiviert Immunzellen und verbessert den allgemeinen Gesundheitszustand. Kinder, die sich regelmäßig bewegen, sind nachweislich seltener krank. Wichtig: Bewegung an der frischen Luft kombiniert gleich zwei Immunsystem-Booster: körperliche Aktivität und Sauerstoffzufuhr.
#4 Viel frische Luft – auch bei schlechtem Wetter
Frische Luft hilft nicht nur, den Kopf freizubekommen – sie unterstützt die Sauerstoffversorgung, die Vitamin-D-Bildung (durch Sonnenlicht) und wirkt sogar leicht abwehrstärkend durch Kältereize. Tipp: Auch bei Regen oder Schnee rausgehen – mit der richtigen Kleidung ist das kein Problem. Kinder, die draußen spielen, haben eine robustere Abwehr als Stubenhocker.
#5 Genügend Schlaf – Immunschutz über Nacht
Im Schlaf regeneriert sich der Körper. Besonders das Immunsystem nutzt die Ruhephase, um Zellen zu reparieren, Antikörper zu bilden und Krankheitserreger zu bekämpfen.
Richtwerte: Kleinkinder 12 - 14 Stunden, Schulkinder 9 - 12 Stunden
Es ist dabei hilfreich auf einen regelmäßigen Schlafrhythmus zu achten. Zudem stören sowohl Fernsehen als auch Handy vor dem Schlafengehen eine ruhige Abendroutine.
#6 Weniger Stress, mehr Gelassenheit: Stress ist ein echter „Immunkiller“
Chronischer Stress – sei es durch schulischen Druck, Streit zuhause oder soziale Ängste – schwächt das Immunsystem von Kindern. Ruhephasen, Spiel, Spaß und emotionale Geborgenheit fördern die Abwehrkräfte. Lachen stärkt zudem das Immunsystem durch Glückshormone und Abwehrstoffe.
#7 Hygienische Balance finden
Wer das Immunsystem seiner Kinder stärken möchte, sollte besonders in der kalten Jahreszeit auf gute Hygienemaßnahmen achten. Doch dabei gilt: Nicht alles muss steril sein – ein gesundes Mittelmaß schützt am besten.
Warum Kinder sich auch mal schmutzig machen dürfen: Das Immunsystem von Kindern befindet sich in der Entwicklung – und genau dafür braucht es den Kontakt zu alltäglichen Keimen und etwas Erde oder Schlamm, denn der Kontakt mit Bakterien fördert die Bildung eines starken Immunsystems. Es muss daher nicht alles desinfiziert werden – normale Verschmutzungen gehören zum kindlichen Alltag dazu. Kinder dürfen – und sollen – im Matsch, im Sand oder auf dem Waldboden spielen. Das stärkt nicht nur das Immunsystem, sondern macht auch Spaß!
Was aber schon helfen kann, ist regelmäßiges Händewaschen: denn Erkältungsviren nehmen meist den Weg über die Hände. Dementsprechend sind Griffe von Türen und Öffis unterschätzte Ansteckungsquellen. Und da sich Kinder oft und gerne mit den Fingern ins Gesicht fahren, haben Erkältungsviren leichtes Spiel.
#8 Sonnenlicht für die Vitamin-D-Produktion
Vitamin D ist ein Schlüsselvitamin für das Immunsystem und spielt eine zentrale Rolle in der Entwicklung von Kindern – für gesunde Knochen, ein starkes Immunsystem und sogar für die kognitive Entwicklung. Vitamin D wird überwiegend durch UVB-Strahlung auf der Haut gebildet. In den dunklen Wintermonaten reicht die Sonneneinstrahlung nicht aus, weswegen eine Substitution oft sinnvoll ist. Während eine Vitamin-D-Supplementierung für Babys bis zu ihrem zweiten Frühling von offizieller Stelle empfohlen wird, sollten Eltern (nach kinderärztlicher Rücksprache) bei älteren Sprösslingen dafür Sorge tragen, dass auch diese in den Genuss einer ausreichenden Vitamin-D-Versorgung kommen.
Aber Vorsicht: Bei zu hohen Dosierungen über einen längeren Zeitraum, kann es zu Hyperkalzämie (zu viel Calcium im Blut) kommen, weswegen es wichtig ist, die empfohlene Dosis einzuhalten.
#9 Früh auf Darmgesundheit achten
Je früher wir unseren Darm pflegen, desto besser. Rund 70 Prozent aller Immunzellen sind im Dünn- und Dickdarm zu Hause – und fast 80 Prozent aller Abwehrreaktionen nehmen genau hier ihren Lauf. Damit ist der Darm ein echtes Kraftzentrum unseres Immunsystems.
Neben ausgewogener Ernährung spielen Ballaststoffe dabei eine Schlüsselrolle: Vor allem lösliche Ballaststoffe, wie sie in Leinsamen, Flohsamen, Chicorée, Äpfeln oder Zitrusfrüchten vorkommen, versorgen die Darmbakterien mit dem, was sie brauchen, um sich wohlzufühlen – und damit auch das Immunsystem aktiv zu unterstützen.
Wie viel Kranksein ist normal bei Kindern?
Im Gegensatz zu Erwachsenen ist die körpereigene Abwehr bei Kindern noch nicht vollständig ausgereift. Sie muss erst lernen, wie sie mit den unzähligen Erregern in ihrer Umwelt umgehen soll. Jeder Infekt ist dabei eine Art Trainingseinheit: Das Immunsystem wird aktiv, analysiert den Eindringling und reagiert darauf.
Kommt es später erneut zum Kontakt mit demselben Erreger, tritt ein besonderer Schutzmechanismus in Kraft. Bestimmte Immunzellen – sogenannte Lymphozyten – erinnern sich an den „alten Bekannten“. Der Körper bildet gezielt Antikörper, und der Keim kann schneller und effizienter bekämpft werden.
Bis zu acht Infekte pro Jahr sind bei Kindern ganz normal – bei Kleinkindern dürfen es sogar bis zu zwölf fieberhafte Infekte sein. Das klingt viel, ist aber meist kein Grund zur Sorge. Solange Dein Kind sich dazwischen fit fühlt, sich altersgerecht entwickelt und die Beschwerden nach wenigen Tagen abklingen, ist das Immunsystem einfach nur fleißig am Lernen.
Etwa rund um das 10. Lebensjahr ist diese intensive Lernphase abgeschlossen. Das Immunsystem hat dann die häufigsten Krankheitserreger der Umgebung kennengelernt – und funktioniert wie eine eingespielte Eliteeinheit, die genau weiß, wann sie wie handeln muss. Kurz gesagt: Häufige Infekte in jungen Jahren sind kein Zeichen von Schwäche – sondern ein ganz natürlicher Teil der Entwicklung.
Fazit: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen – und das gilt ganz besonders für ihr Immunsystem. Erkältungen, Fieber und Durchfall sind normale Begleiterscheinungen der Entwicklung und gehören in gewissem Maße dazu. Eine gute Nährstoffversorgung, ausreichend Bewegung, frische Luft und ein erholsamer Alltag mit genügend Schlaf schaffen die besten Voraussetzungen für ein starkes Immunsystem – und damit für ein gesundes, glückliches Kind.
Häufig gestellte Fragen zu Immunsystem von Kindern stärken:
Ein starkes Immunsystem entwickelt sich nicht von heute auf morgen. Es braucht eine gute Nährstoffversorgung durch eine ausgewogene Ernährung und gegebenenfalls sinnvolle Nahrungsergänzung. Ebenso wichtig sind regelmäßige Impulse wie Bewegung, frische Luft und etwas Sonnenlicht. Auch ein erholsamer Alltag mit ausreichend Schlaf, Entspannung und liebevollen Beziehungen trägt zur Stärkung bei. Hygiene spielt ebenfalls eine Rolle – sie sollte angemessen sein: sauber, aber nicht steril.
Wenn dein Kind ständig krank ist, kann das sehr belastend sein. Doch in den meisten Fällen handelt es sich um ganz normale, altersbedingte Infekte, die Teil der natürlichen Entwicklung des Immunsystems sind. Was Eltern helfen kann, gelassener mit der Situation umzugehen: Ein Krankheitstagebuch kann dabei unterstützen, den Überblick zu behalten. Notiere dir, wann dein Kind krank war, wie lange die Beschwerden anhielten und wie ausgeprägt sie waren. Achte auch darauf, wie es deinem Kind zwischen den Infekten geht – ist es aktiv, fröhlich und entwickelt sich altersgerecht? Diese Beobachtungen geben wichtige Hinweise. Wenn du unsicher bist oder Fragen hast, ist es immer ratsam, frühzeitig den Kinderarzt oder die Kinderärztin einzubeziehen. So bleibst du nicht allein mit deinen Sorgen – und dein Kind ist medizinisch gut begleitet.
Tatsächlich ist es ganz normal, dass Kinder innerhalb eines Jahres 6 bis 8 Infekte durchmachen – bei Kleinkindern können es sogar bis zu 12 fieberhafte Infekte sein. Diese Häufigkeit allein ist in der Regel kein Grund zur Sorge.
Unbedenklich sind Infekte dann, wenn sie nur selten länger als eine Woche andauern, das Kind sich zwischen den Krankheitsphasen wohlfühlt und altersgerecht entwickelt. Auch das Ausbleiben häufiger Komplikationen – etwa Lungenentzündungen – sowie ein zurückhaltender Einsatz von Antibiotika sprechen dafür, dass das Immunsystem deines Kindes gut arbeitet und sich Schritt für Schritt weiterentwickelt.
Quellen:
Biogena GmbH & Co KG. (o.J.). Mikronährstoff-Coach Ausbildung. Verfügbar unter: https://biogena.com/de-at/produkte/mikronaehrstoff-coach_p_49953
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