Sollten schwangere Frauen für zwei essen*? Wenn es um die Verhinderung eines Eisenmangels geht, lautet die Antwort eindeutig „ja“. Denn in dieser besonderen Lebensphase kommt es zu einer Verdoppelung des mütterlichen Eisenbedarfs, wodurch das Risiko eines Eisenmangels steigt. Erfahren Sie hier, bei welchen Symptomen eine zeitnahe ärztliche Abklärung ratsam ist, ab wann man von Eisenmangel spricht und noch vieles mehr.
* Heutzutage gilt diese alte Binsenweisheit aus wissenschaftlicher Sicht längst überholt. Schwangere sollten nicht doppelt so viel, sondern eher doppelt so gut essen.
Warum ist Eisen in der Schwangerschaft wichtig?
Frauen, die ein Baby erwarten, brauchen doppelt so viel Eisen – und das ist kein Wunder! Im Laufe der Schwangerschaft wächst das Blutvolumen der werdenden Mutter um ca. 40 % an. Schließlich muss nicht nur die Mutter, sondern auch der kleine Bauchbewohner mit Sauerstoff und Mikronährstoffen versorgt werden. Ein besonders wichtiger Nährstoff in dem Zusammenhang ist eben Eisen. Das Spurenelement ist ein zentraler Baustein des roten Blutfarbstoffs und an der Blutbildung und dem Sauerstofftransport im Körper beteiligt. Auch viele weitere Stoffwechselvorgänge sind eisenabhängig. Dazu zählen mitunter die Zellteilung, der Energiestoffwechsel und die Immunabwehr.
Beeinflusst Eisenmangel den Kinderwunsch?
Eine gute Eisenversorgung ist nicht nur während der Schwangerschaft wichtig, sondern auch für Frauen mit Kinderwunsch von Belang. So brachte eine aktuelle Studie erniedrigte Ferritinspiegel ( 30 µg/L) mit ungeklärter Unfruchtbarkeit in Verbindung (Holzer I. et al., 2023). Zudem zeigte eine weitere Studie rund um den Harvard-Forscher Dr. Jorge Chavarro auf, dass Frauen, die zusätzlich Eisen einnehmen, in Vergleich zu jenen, die kein Eisen supplementieren, ein geringeres Risiko für ovulatorische Unfruchtbarkeit haben. Aus diesem Grund sollten Frauen, die ein Kind haben wollen, nicht nur präventiv Folsäure zu sich nehmen, sondern auch vorsorglich ihre Eisenwerte bestimmen lassen.
Symptome & Anzeichen
Die Schwangerschaft ist ein Kunststück der Evolution. Kein Wunder, dass sich werdende Mütter bei diesem beeindruckenden Kraftakt immer wieder mal müde und schlapp fühlen. Wenn sich jedoch noch weitere, anhaltende Symptome dazugesellen, könnte dies auf einen Eisenmangel hinweisen:
- Müdigkeit
- Energielosigkeit
- Erschöpfung
- Schwäche
- Kurzatmigkeit
- Schwindel
- Konzentrationsschwäche
- Kopfschmerzen
- Kreislaufprobleme
- Brüchige Haare und Nägel
- Blasse Haut
- Mundwinkeleinrisse
- Infektanfälligkeit
Schwangere Frauen, die diese oder ähnlichen Beschwerde bemerken, sollten möglichst zeitnah einen Termin mit der medizinischen Fachkraft ihres Vertrauens vereinbaren. Grundsätzlich gehört die Überwachung des Eisenspiegels in der Schwangerschaft allerdings ohnehin zum Standardrepertoire der gynäkologischen Untersuchungen.
Eisenmangel in der Schwangerschaft – was bedeutet das für Mutter und Kind?
Eisenmangel in der Schwangerschaft ist auch in unseren Breiten keine Seltenheit. Werdende Mütter, die darunter leiden, fühlen sich oftmals müde und geschafft. Zusätzlich können sich noch weitere Symptome wie zum Beispiel brüchige Nägel, Mundwinkeleinrisse und Konzentrationsprobleme bemerkbar machen (siehe oben). Neigen sich die mütterlichen Eisenspeicher dem Ende zu, kann zudem die schwerste Form des Eisenmangels, die sogenannte Eisenmangel-Anämie (Blutarmut), auftreten.
Für den kleinen Bauchbewohner ist ein leichter Eisenmangel noch kein Problem, da er an den mütterlichen Reserven „knabbern“ kann. Erst eine andauernde und ernsthafte Eisenmangelanämie kann auch den kindlichen Organismus ins Straucheln bringen. Damit es jedoch erst gar nicht so weit kommt, zählt die Untersuchung der Eisenwerte bei Schwangeren zum Standardprogramm.
Werte: Ab wann spricht man von einem Eisenmangel?
Bei schwangeren Frauen wird routinemäßig der Eisenwert im Blut, der sogenannte Hb-Wert (= Hämoglobinwert), bestimmt. Sinkt dieser Wert im 2. Trimenon unter 10,5 gl/dl, bzw. im 1. und 3. Trimenon unter 11 g/dl Blut, so liegt bei der werdenden Mutter eine Eisenmangel-Anämie vor. Zusätzlich gibt auch die Erythrozytenzahl Auskunft über eine mögliche Anämie. Weniger als 3,9 Millionen roter Blutkörperchen pro µg Blut deuten auf einen Eisenmangel hin.
Um einen Eisenmangel ohne Anämie zu diagnostizieren, wird wiederum der Ferritinspiegel (im Idealfall inkl. Transferrinspiegel und Transferrinsättigung) herangezogen. Dieser Wert zeigt auf, wie es um die mütterlichen Eisenvorräte bestellt ist. Während Ferritinspiegel unter 30 µg/l auf knappe Eisenspeicher hindeuten, sind die Depots bei Werten unter 15 µg/l vollständig entleert.
Warum kann es zu einem Eisenmangel in der Schwangerschaft kommen?
Die Schwangerschaft zählt zu jenen Phasen im Leben einer Frau, in der sich durch den hohen Eisenbedarf relativ rasch ein Eisenmangel entwickeln kann. Nicht nur Mutter und Kind müssen bestens mit Eisen versorgt werden, auch das gesteigerte Blutvolumen sowie die wachsende Plazenta und Gebärmutter benötigen etliches an Eisen. Diese physiologischen Veränderungen spiegeln sich auch im mütterlichen Eisenbedarf wider. So empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schwangeren Frauen mit 30 mg Eisen aus allen Quellen täglich doppelt so viel Eisen als Nicht-Schwangeren – denn nur bei dieser Zufuhr lässt sich laut den Experten ein Eisenmangel in der Schwangerschaft vorbeugen.
De facto ist der Eisenbedarf jedoch nicht die gesamten 9 Monate hinweg gleich hoch. Während in der ersten Schwangerschaftshälfte kaum vermehrt Eisen gebraucht wird, kommt es in der zweiten zu einem deutlichen Anstieg. Werdende Mütter sollten ihrem Eisenhaushalt deshalb ein besonderes Augenmerk schenken und über die Ernährung reichlich Eisen tanken. Zu eisenreichen Lebensmitteln zählen beispielsweise Hülsenfrüchte wie Linsen und Sojabohnen, rotes Fleisch, Nüsse, Samen und bestimmte Gemüse wie Petersilie, Brunnenkresse und Spinat. Gerade in der „heißen“ 2. Schwangerschaftsphase kann die Aufnahme über die Ernährung jedoch möglicherweise nicht mehr bedarfsdeckend sein und sich der Engpass körperlich, geistig und/oder bei einer Blutuntersuchung widerspiegeln. In diesem Fall bietet sich nach Rücksprache mit der ärztlichen Fachperson eine Ergänzung aus Supplementen an.
Was tun bei Eisenmangel in der Schwangerschaft?
Werdende Mütter, die an Eisenmangel leiden, können den Eisenspiegel mit der Ernährung allein nicht mehr optimieren. Betroffene Frauen sollten daher möglichst früh mit einer Eisenergänzung beginnen, die die mütterliche Eisenzufuhr aufpoliert. Schon nach wenigen Wochen sollte sich das „Eisen-Plus“ auch in besseren Eisenwerten und einem gesteigerten Wohlbefinden widerspiegeln.
Eisen Einnahme & Dosierung
Wie viel Eisen bei Kinderwunsch?
Für Frauen im gebärfähigen Alter werden in etwa 15 mg Eisen täglich empfohlen. Um gut versorgt in die Schwangerschaft zu starten, sollten Frauen, die eine Schwangerschaft planen, im Vorfeld ihren Eisenstatus bestimmen lassen. Im Falle eines Eisenmangels kann so gezielt mit einem ideal-dosierten Eisenpräparat reagiert werden. Eine gute Versorgung zu Beginn einer Schwangerschaft reduziert auch das Risiko, im Laufe der 9 Monate einen Eisenmangel zu entwickeln.
Wie viel Eisen am Tag in der Schwangerschaft?
Um Eisenmangel in der Schwangerschaft vorzubeugen, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) werdenden Müttern täglich 30 mg Eisen aus allen Quellen zu sich zu nehmen. Während der Eisenbedarf in den ersten 20 Schwangerschaftswochen kaum erhöht ist und – wenn kein Eisenmangel vorliegt – über eine ausgewogene eisenreiche Ernährung gedeckt werden kann, kann in den letzten 20 Schwangerschaftswochen möglicherweise die ergänzende Zufuhr eines Eisenpräparats notwendig werden. Mithilfe einer Blutanalyse kann die:der Gynäkolog:in den momentanen Eisenstatus kontrollieren und ggf. ein ideal-abgestimmtes Eisenpräparat empfehlen. Denn: Auch ein Zuviel an Eisen ist in dieser sensiblen Zeit zu vermeiden, weswegen eine individuelle Abstimmung anzuraten ist.
Wie viel Eisen während Stillzeit?
Auch frisch gebackenen Müttern wird, egal ob stillend oder nicht, mehr Eisen empfohlen – 20 mg täglich aus allen Quellen sollten es zum Ausgleich der schwangerschaftsbedingten Eisenverluste sein. Bei stillenden Frauen nascht darüber hinaus auch das Baby am mütterlichen Eisen mit.
Um den Eisenhaushalt über die Schwangerschaft hinaus gut im Auge zu behalten, sollten Säuglingsmamas die Gelegenheit eines Eisen-Checks ergreifen. So kann auch nach der Schwangerschaft im Falle eines Eisenmangels rasch und gezielt mit einem adäquaten Eisenpräparat reagiert werden.
Welches Eisen: Eisenpräparate & Schwangerschaft
Sanft-dosierte pflanzliche Eisenpräparate sind durch ihre Verträglichkeit in der Schwangerschaft eine gute Wahl. Dass Eisentanken auch in niedrigen Dosierungen „funktioniert“, bestätigen Untersuchungen. So ist unser Organismus bei einer schlechten Eisenversorgung in der Lage seine Eisenverwertung im Darm hochzuschrauben. Dadurch können bei Eisenengpässen auch niedrige Dosierungen fruchten. Pflanzliche Eisenpräparate sind jedoch nicht nur nachweislich wirksam, sie zeugen in Anwendungsstudien auch von einer besonders guten Verträglichkeit. Sanft und effektiv zugleich stellen pflanzliche Eisenpräparate eine gute Alternative zu hochdosierten Eisensalz-Präparaten dar.
Eisen Saft in der Schwangerschaft
Eisensäfte können in der Schwangerschaft eine wohlschmeckende Quelle für Extra-Eisen sein. Besonders Frauen in anderen Umständen sollten bei der Produktwahl jedoch nicht nur der Geschmack, sondern auch die Qualität im Vordergrund stellen. Während vielen Eisensäften – nicht immer augenscheinlich – Eisensalze beigemischt werden, gibt es andere wiederum, die als Eisenquelle auf gut-verträgliche pflanzliche Spezialextrakte zurückgreifen. Da Eisenpräparate in der Regel längerfristig eingenommen werden, sollte der auserkorene Saft auf jeden Fall frei von unnötigen Zusatzstoffen sein.
Eisen Tabletten oder Kapseln in der Schwangerschaft?
Frauen, die während der Schwangerschaft einen sensiblen Geschmackssinn entwickeln, geben oft geschmacksneutralen Eisenkapseln bzw. -tabletten den Vorzug. Die Wahl sollte hierbei stets auf Qualitätspräparate fallen, die nach dem sogenannten Reinsubstanzen-Prinzip gefertigt wurden – d.h. auf Produkte, die auf unnötige Zusatzstoffe verzichten. Als besonders sanft und gut verträglich gelten Eisenkapseln, die als Eisenquelle pflanzliche Spezialextrakte verwenden.
Wie lange sollte man Eisen in der Schwangerschaft einnehmen?
Ob – und wenn ja, wie lange – Eisen in der Schwangerschaft eingenommen werden sollte, hängt von der individuellen Ausgangslage der werdenden Mutter ab. Um eine ideale Eisenversorgung sicherzustellen, sollte die:der behandelnde Gynäkolog:in zu Rate gezogen werden. Diese:r kann mithilfe eines Bluttests ggf. eine adäquate Eisentherapie empfehlen.
Fazit: Die Schwangerschaft ist ein Kraftakt, für den doppelt so viel Eisen als normal benötigt wird. Kein Wunder, dass Eisenmangel bei werdenden Müttern keine Seltenheit ist. Eine eisenreiche Ernährung und regelmäßige Eisenchecks sind deshalb in dieser besonderen Lebensphase das A und O. Schwangere Frauen, bei denen sich bereits ein Eisenmangel breit gemacht hat, können den Spiegel mit der Ernährung allein nicht mehr ins Optimum bringen. In dem Fall können sich hochwertige Eisenpräparate (stets in Rücksprache mit ärztlichem Fachpersonal) für den Eisenhaushalt der werdenden Mutter stark machen.
Häufig gestellte Fragen
Kritisch ist, wenn der Hb-Wert im 2. Trimenon unter 10,5 gl/dl bzw. im 1. und 3. Trimenon unter 11 g/dl Blut sinkt. Dann liegt bei der werdenden Mutter eine Eisenmangel-Anämie vor. Damit es gar nicht so weit kommt, sollte bereits bei erniedrigten Eisenreserven (Ferritinspiegel unter 30 µg/L liegt) – wie immer in ärztlicher Rücksprache – eine Eisenergänzung in Betracht gezogen werden.
In der Regel kontrolliert die:der Gynäkolog:in den Eisenwert bei der ersten Vorsorgenuntersuchung das erste Mal. Je nach Hb-Ausgangswert wird dieser dann monatlich oder aber einmal im Trimester überprüft.
Schwangere Frauen können vor allem mit Hülsenfrüchten wie Linsen und Sojabohnen, rotem Fleisch, Nüssen, Samen und bestimmten Gemüsen wie Petersilie, Brunnenkresse und Spinat Eisen tanken. Kombiniert man eisenhaltige Lebensmittel mit Vitamin C (z.B. Paprika, Brokkoli, Zitrusfrüchte), verbessert sich die Eisenaufnahme zusätzlich.
Wenn der Eisenwert (Hb-Wert) in der Schwangerschaft zu niedrig ist, entwickelt die Schwangere eine sogenannte Eisenmangelanämie (= Blutarmut).
Müdigkeit, Blässe, Kopfschmerzen und Konzentrationsprobleme können in der Schwangerschaft Anzeichen eines Eisenmangels sein. Tatsächliche Klarheit bringt jedoch nur ein Bluttest.
Referenzen:
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