Hanna und Moritz schwebten auf Wolke sieben. Sie hatten sich erst kürzlich über gemeinsame Freunde kennengelernt und konnten kaum die Finger voneinander lassen. Doch dann kam der Alltag und das Feuer der Leidenschaft kühlte ab. Ein Weltuntergang? Nein, oft der natürliche Lauf der Dinge. Doch was tun, wenn das sexuelle Verlangen erlischt und im Bett Dauerflaute herrscht? Wir begeben uns auf Spurensuche und geben Tipps, die wieder Lust machen.
Über die Lust – und was ist Libidoverlust?
Während frisch verliebte Paare kaum die Finger voneinander lassen können, schleicht sich im Laufe einer Beziehung eine gewisse Routine ein – nicht nur im Alltag, sondern oft auch in sexuellen Belangen. Wenn Stress und Sorgen das Leben schwer machen oder man mit den Kindern alle Hände voll zu tun hat, rücken Sex und Leidenschaft nicht selten in den Hintergrund. So hat jeder mal mehr, mal weniger sexuelles Verlangen. Das ist ganz normal und kommt in den besten Beziehungen vor. Wenn jedoch die Flaute im Bett zum Dauerzustand wird, sollte man der Liebe wegen genauer hinschauen.
Vom sogenannten Libidoverlust sprechen Mediziner, wenn Menschen mindestens sechs Monate lang ein vermindertes sexuelles Verlangen aufweisen. Dennoch vermissen viele Betroffene ein gewisses Maß an Intimität, leiden in der Regel sogar unter ihrer Unlust, die über kurz oder lang in jeder Beziehung zu Streit und Unverständnis führen kann.
Ursachen sexueller Unlust bei Mann & Frau
Wie die Liebe selbst, so sind auch die Ursachen der Lustlosigkeit vielfältig. Hinter der „Bettflaute“ steckt in Regel nicht nur eine Ursache allein. Meist sind es gleich mehrere Faktoren, die zum Tragen kommen.
Mögliche körperliche Lustkiller:
- Drogen-, Alkohol- und/oder Nikotin-Konsum
- Zu wenig/zu viel Sport
- Übergewicht
- Chronische Müdigkeit/Schlafmangel
- Bestimmte Medikamente
- Hormonelles Ungleichgewicht
- Schmerzen beim Sex
- Orgasmus-Unfähigkeit
Mögliche psychische und soziale Lustkiller:
- Hoher Stresspegel
- Unstimmigkeiten und Konflikte in der Beziehung
- Familiäre Belastungen
- Schwangerschaft & Neo-Eltern-Dasein (teils hormonell beeinflusst)
- Fehlendes Körpergefühl
- Negative Erfahrungen in der Kindheit oder mit früheren sexuellen Beziehungen
- Mangelndes Selbstbewusstsein
- Schlechte Stimmung
Gründe und mögliche Ursachen für sexuelle Unlust bei der Frau
Umfragen zufolge leiden rund 30 % der Frauen zwischen 18 und 59 Jahren an (vorübergehendem) Libidoverlust. Beim weiblichen Lustempfinden können folgende Komponenten eine Rolle spielen:
- Der Zyklus der Lust: Das Lustempfinden junger Frauen verändert sich mit dem Zyklus. Während zu Beginn des Zyklus – also während der Regelblutung und des niedrigen Östrogenspiegels – tendenziell Flaute im Bett herrscht, steigt der Spiegel des „Stimmungsmachers“ Östrogen um den Eisprung herum an, um danach wieder abzufallen.
Gegen Ende des Zyklus schlagen sich manche Frauen mit PMS herum und Sex ist mehr oder weniger das Letzte, wonach ihnen ist. Andere wiederum strotzen geradezu vor sexueller Lust, da ihr Unterleib vor der Regel bzw. der Einnistung des Eis besonders gut durchblutet ist - Stimmungskiller Pille: Die beschriebenen natürlichen Lustschwankungen kommen natürlich nur zum Tragen, wenn „frau“ nicht (hormonell) verhütet. Frauen, die zu hormonellen Verhütungsmitteln greifen, leiden durch den künstlich herbeigeführten Testosteronmangel tendenziell eher an einem Abflauen des Sexualtriebs.
- Lustbremse Wechseljahre: Rund um die Lebensmitte verzeichnen Frauen einen Abfall im Hormonhaushalt. Kein Einbruch wirbelt jedoch so viel Staub auf, wie jener der Sexualhormone. Nicht wenige Frauen klagen im Zuge des hormonellen Wandels über Scheidentrockenheit und einen Verlust ihrer Libido. Spätestens seit der Dokumentation „Die Lust der Frauen“ weiß man jedoch, dass der Libidoverlust bei Weitem nicht alle Frauen in den Wechseljahren betrifft.
- Schmerzen beim Sex: Schmerzen beim Sex können wahre Stimmungskiller sein; da nützt selbst eine an sich gut ausgeprägte Libido nichts. Stehen Schmerzen dem Liebesleben im Weg, sollte gynäkologischer Rat gesucht.
Gründe und mögliche Ursachen für sexuelle Unlust beim Mann
„Männer wollen immer, Frauen nur manchmal.“ Als insgeheime Opfer dieses gesellschaftlichen Paradigmas scheuen viele Männer bei sexueller Lustlosigkeit den Gang zum Arzt oder Therapeuten. Dieses Totschweigen macht verlässliche Zahlen zur männlichen Unlust schwer. Schätzungen zufolge haben jedoch – je nach Altersgruppe – zwischen 14 und 17 % der Männer so ihren Frust mit der eigenen Lust.
Bei Männern geht ein verminderter Sexualdrang häufig mit einem verminderten Antrieb einher. Möglicherweise lastet ihnen zu viel auf den Schultern oder sie fühlen sich generell nicht gut bis leicht verstimmt. Auch eine niedrige Testosteronproduktion könnte dahinterstecken. Der Spiegel des Hormons, das Männer zum Mann macht, kann mit zunehmendem Alter sinken – ein Abfall, der sich auch negativ auf den Sexualtrieb auswirken kann.
Tipps: So küssen Sie Ihre Lust aus dem Dornröschenschlaf
- Entspannung & Schlaf: Kopf frei für die Lust
Lust und Sexualität entspringen im Kopf. Kein Wunder also, dass man kaum Bock auf Sex hat, wenn man gestresst oder übermüdet ist. Umgekehrt wiederum sind Entspannung und Schlaf wahre Wegbereiter der Lust. Egal, welche Form des inneren Ausgleichs man wählt – sei es Bewegung an der frischen Luft, Waldspaziergänge, sanftes Yoga oder ein Schaumbad mit romantischer Lektüre –, der Schlüssel der Selbstliebe als Türöffner zur Lust ist jedem selbst überlassen. - Pflanzenextrakte: Natürliche Kraft voraus
Frei nach dem Motto „gegen alles ist ein Kraut gewachsen“ können Pflanzen dabei helfen, den Weg zur Sinnlichkeit wiederzufinden. Pflanzenextrakte aus Ginseng und Guaraná verringern Müdigkeit und tragen zur Erhaltung der körperlichen und geistigen Vitalität bei. Auch Maca unterstützt die körperliche und mentale Leistungsfähigkeit. Von innen aufgemuntert und erfrischt, ist der Lust der Weg geebnet. - Let’s talk about sex, baby: Über die Bremse und das Gaspedal der Lust
Lust oder Begehren ist kein bloßer Trieb, kein rein körperlicher Prozess. Beide werden sehr stark vom Kontext geprägt. Aus diesem Grund ist es hilfreich, sich Gedanken zu machen, was die eigene Lust beflügelt und was sie bremst (siehe Reflexionsübung im Wissenskasten). In weiterer Folge sollte man sich mit seinem Partner offen austauschen. Schon dieser Sextalk – das offene Ansprechen von Sehnsüchten und Wünschen – kann das Liebesleben beflügeln. - Sieh’s locker – und kuschle Sex-Stress weg
Wer sich klar macht, dass es ganz normal ist, wenn die Lust an Sex im Laufe einer Partnerschaft nachlässt, nimmt schon einiges an Druck raus. Gleichzeitig sollte der Beziehung mehr Raum für Kuschel- und Verwöhneinheiten gegeben werden – ohne Leistungsdruck, ohne Ziel. Gegenseitige Berührungen, Massieren und Kuscheln machen beide Partner wieder offener für Körperlichkeit und Wollust. Zudem werden bei diesen Liebesbekundungen das Bindungshormon Oxytocin und Glückshormone frei, die die Libido wiederum positiv beeinflussen können.
Was tun, wenn nichts fruchtet?
Wenn man keinen Grund für den Libidoverlust findet und er anhält, sollte man am besten eine ärztliche oder therapeutische Fachperson aufsuchen. Diese kann klären, ob hinter der Lustlosigkeit eine mögliche Erkrankung steckt oder bestimmte Medikamente die Lust rauben. Außerdem kann sie feststellen, ob die Lustlosigkeit auf ein hormonelles Ungleichgewicht gründet. Stecken hinter der Bettflaute soziale oder psychische Aspekte (z. B. Beziehungsprobleme, schlechte Erfahrungen), die man als Paar selbst nicht auflösen kann, können auch Berater oder Therapeuten unterstützend zur Seite stehen.
Gut zu wissen:
Das Dual Control Model of Sexual Response spiegelt die Idee wider, dass die sexuelle Reaktion von Individuen das Produkt eines Gleichgewichts zwischen erregenden und hemmenden Prozessen ist. Eine ständig wachsende Zahl von Studien zeigt, dass diese beiden Systeme in gewisser Weise unabhängig voneinander arbeiten und dass Personen unterschiedlich empfindlich dafür sind. Die Forscher vergleichen dies mit einem Gaspedal (Erregung oder SES – Sexual Excitation System) und einem Bremspedal (Hemmung oder SIS – Sexual Inhibition System) in einem Auto. Jede Person betätigt in einer bestimmten sexuellen Situation eines oder beide Pedale in unterschiedlichem Maße, abhängig von ihrer einzigartigen sexuellen Physiologie, Geschichte und Persönlichkeit.
Reflexionsübung:
Was bremst meine Lust? Sexuelle Bremse
- Welche Situationen und Umstände hemmen meine Lust?
- Welche Umgebung hemmt meine Lust?
Wenn ich beispielsweise weiß, dass meine Kinder an der Tür klopfen könnten und das Telefon läuten könnte oder das Licht zu grell ist, kann dies schnell zu Unlust führen.
Was beflügelt meine Lust? Sexuelles Gaspedal
- Welche Umgebung brauche ich?
- Welches Setting? Was bringt mich in Stimmung?
- Wie sieht es mit meinem generellen Wohlbefinden aus und was kann ich tun, um mich wohler zu fühlen?
Wenn ich eine Umgebung schaffe, in der ich mich richtig wohlfühle, klappt es mit der Lust oft viel besser.
Literatur auf Anfrage beim Verfasser.