Niesen, Schnupfen, Jucken. Wenn die Körperabwehr mit Bomben und Granaten auf harmlose Mücken schießt, stecken wir mitten in einer Allergie – körperliche Kollateralschäden inklusive. Doch was genau ist eine Allergie? Und was sind ihre Ursachen?
Was ist eine Allergie?
Unsere Immunabwehr meint es gut mit uns. Manchmal zu gut. Denn während sie uns nach bestem Wissen und Gewissen vor Krankheitserregern und Fremdstoffen schützt, diese erkennt und neutralisiert, schießt das Immunsystem von Allergikern übers Ziel hinaus.
Rund 20.000 Allergene (Allergieauslöser) sind mittlerweile bekannt – allesamt Stoffe, die eigentlich harmlos sind, jedoch bei darauf Allergischen eine krankhafte Reaktion lostreten können. Trifft nun Allergen auf Allergiker und erkennt sein Immunsystem den „erklärten Feind“, ruft es zum immunologischen Kreuzzug auf, um Besagten aus dem Weg zu räumen. Leider kann es im Zuge von Entzündungsreaktionen zu körperlichen „Kollateralschäden“ kommen. Im Gegensatz zu den Pathogenen der Infektionserreger werden Allergiker gegenüber ihrem Reizstoff jedoch nie immun.
Was sind die Ursachen?
Allergien sind weltweit auf dem Vormarsch. In den letzten Jahrzehnten haben Krankheiten des allergischen Formenkreises vor allem in den Großstädten der Industrieländer stark zugenommen. Neben einem veränderten Ernährungs- und Lebensstil brachten Wissenschaftler mit der sogenannten Hygienehypothese Anfang der 2000er-Jahre einen weiteren möglichen Ansatz auf den Tisch: Allergien seien „Auswuchs“ eines unterforderten Immunsystems.
Dieser Hypothese liegt zugrunde, dass allergische und atopische Erkrankungen bei Stadtbewohnern der Industrieländer stark angestiegen sind, während Bauernhofkinder deutlich seltener an Asthma, Heuschnupfen oder anderen Allergien leiden. Die Beschäftigung des kindlichen Organismus mit Keimen und Schmutz scheint demzufolge für die Immunreifung wichtig zu sein und eine wesentliche Schutzwirkung zu haben.
Darüber hinaus gibt es auch Ansätze, die den dramatisch veränderten Ernährungsgewohnheiten Mitschuld geben. So hat die industrielle Fertignahrung, deren Konservierungsmittel die Mikroorganismen im Nahrungsmittel zerstören, in vielen Küchen Einzug gehalten. Dies hat wiederum zur Folge, dass der Mensch weniger mit Keimen konfrontiert wird und das Immunsystem wiederum allergieanfälliger wird.
Doch nicht nur die mikrobielle Umwelt beeinflusst unser Risiko, eine Allergie zu entwickeln. Zu einem bestimmten Maße wird uns die Allergiebereitschaft in die Wiege gelegt. So steigt das Allergierisiko, wenn ein Elternteil allergisch ist, auf ca. 30 %. Sind beide Elternteile Allergiker, steigt es sogar auf über 60 %.
Diese und weitere Risikofaktoren in der Übersicht:
Ernährung
Der Darm dient als eine wichtige Allergen-Barriere. Darüber hinaus beherbergt er rund 70 % der Immunzellen. Störungen im Darm sowie bestimmte Ernährungsbestandteile – Alkohol, pollenassoziierte Kreuzallergene – können Allergien verstärken.
Hygienehypothese
„Eine übertriebene Hygiene unterfordert das Immunsystem, weshalb der Körper bei der Anwesenheit von Allergenen überreagiert.“
Genetische Veranlagung
Unsere Gene bestimmen, wie gut Fremdstoffe unsere körpereigenen Barrieren – Haut, Darm – durchdringen und wie unser Immunsystem auf Umweltreize reagiert.
Luftschadstoffe
Luftschadstoffe können die Schleimhäute reizen und zu Entzündungen führen, was Allergenen das Eindringen in den Körper erleichtert.
Tabakrauch
Ein Zusammenhang zwischen (Passiv-)Rauchen und der Wahrscheinlichkeit, an Asthma zu erkranken bzw. dieses zu verstärken, ist belegt.
Klimawandel
Der Anstieg der Durchschnittstemperaturen verlängert nicht nur die Pollenflugzeit, auch nichtheimischen allergenen Pflanzen (z. B. der aus den USA eingeschleppten Ambrosia) vereinfacht er die hiesige Verbreitung.
Psyche
Asthma und atopische Erkrankungen können sich bei familiärem und beruflichem Stress sowie unter psychischen Belastungen – Ärger, Ängsten – verschlechtern.
Bakterien
Unsere hauseigenen Mikroben in Darm, Lunge und Haut stehen mit unserem Immunsystem in vielfältiger Wechselwirkung. Wird dieses Gleichgewicht gestört, kann es zu Fehlregulationen der Immunantwort und damit zu Allergien kommen.
Welche typischen Symptome zeigen sich bei einer Allergie?
Sie verunstalten die Haut, kitzeln in der Nase oder reizen unsere Augen: Allergien können in unterschiedlicher Natur und Ausprägung zutage treten. Bei manchen Betroffenen sind die Symptome leicht bis kaum merklich, andere wiederum reagieren heftig und sind in ihrem Alltag eingeschränkt. Zu den typischen Symptomen einer Allergie zählen:
- Nasenrinnen
- Verstopfe Nase (v. a. nach dem Aufstehen)
- Niesreiz
- Tränende oder brennende Augen
- Husten
- Gerötete oder geschwollene Schleimhäute
- Atembeschwerden
- Kratzen oder Engegefühl im Hals
- Hautreaktionen wie Ausschläge, Quaddeln, Juckreiz
- Unspezifische Beschwerden wie Kopfweh, Durchfälle, Mattigkeit
- In schweren Fällen: Asthma-Attacken
- Bis hin zu lebensbedrohlichen Reaktionen – anaphylaktischer Schock
Arten: Welche Allergien gibt es?
Allergien lassen sich nach unterschiedlichen Gesichtspunkten einteilen: nach der Immunreaktion, die sie im Körper auslösen (Typ I, II, III oder IV), oder nach der Art, in der die Allergene in den Körper gelangen (Insektenstich, Nahrungsaufnahme, Inhalation oder Hautkontakt). Zu den wichtigsten Allergien zählen:
- Pollenallergie: Pollenallergie, auch Heuschnupfen genannt, ist die am weitesten verbreitete Allergie. Rund 15 % der Bevölkerung leiden daran. Hierbei reagieren Betroffene auf den Blütenstaub bestimmter Bäume, Sträucher, Gräser, Getreide oder Wildkräuter.
- Hausstaubmilbenallergie: Hausstaubmilbenallergie hat ganzjährig Saison und macht sich morgens und nachts am meisten bemerkbar. Die Auslöser sind nicht die Milben selbst, sondern ihr Kot, der sich mit dem Hausstaub vermischt.
- Schimmelpilzallergie: Pilzsporen begegnen uns sowohl in Wohnräumen als auch in freier Natur. Je nach Gattung des betroffenen Schimmelpilzes leiden Betroffene ganzjährig oder nur saisonal daran.
- Tierhaarallergie: Eine Tierhaarallergie kann grundsätzlich gegen jedes Tier mit Federn oder Fell entwickelt werden. Allergiker reagieren jedoch nicht auf die Haare oder Federn an sich, sondern auf bestimmte Eiweiße in Talg, Speichel oder in den Hautschuppen der Tiere.
- Kontaktallergie: Bei einer Kontaktallergie folgen nach dem direkten Kontakt unserer Haut mit reizenden Stoffen – Pflanzen, Metallen, Duftstoffen – Ausschläge, Juckreiz oder Rötungen.
- Kreuzallergie: Bei einer Kreuzallergie reagiert der Körper abgesehen von den bekannten Allergieauslösern auch auf Eiweißstoffe, die dem Allergen ähneln.
- Arzneimittelallergie: Auch auf bestimmte Wirkstoffe wie Kontrastmittel, Antibiotika oder Schmerzmittel kann unser Körper allergisch reagieren.
- Insektengiftallergie: Für manche Menschen sind Insektenstiche nicht nur schmerzhaft, sie können auch zu gefährlichen Allergiesymptomen bis hin zum anaphylaktischen Schock führen.
Was ist eine Nahrungsmittelallergie, was eine Unverträglichkeit?
Allergie und Unverträglichkeit werden im umgangssprachlichen Gebrauch häufig in einen Topf geworfen. Zugegebenermaßen können sich die Beschwerdebilder beider Leiden ähneln. So können sowohl eine Nahrungsmittelallergie als auch Unverträglichkeiten von Laktose, Fruktose sowie eine Histaminintoleranz Verdauungsbeschwerden, Unwohlsein oder Hautreaktionen hervorrufen.
Bei einer Nahrungsmittelallergie hat jedoch immer das Immunsystem seine Hände im Spiel, welches bestimmte Lebensmittelbestandteile (Allergene) fälschlicherweise als Bedrohung einstuft. Gelangt das Allergen über die Nahrung in den Körper, setzt das Immunsystem entzündliche und allergische Reaktionen zur Bekämpfung des Fremdstoffes in Gang. Oft reichen minimale Mengen eines Reizstoffes, um Allergiesymptome hervorzurufen.
Bei einer Nahrungsmittelunverträglichkeit ist das Immunsystems nicht beteiligt. Auslöser sind andere Faktoren wie z. B. ein Enzymmangel. Anders als bei einer Allergie müssen Menschen mit Intoleranzen die Reizstoffe meist nicht zur Gänze meiden, wobei die Toleranzschwelle individuell variiert.
Welche natürlichen Mittel helfen bei Allergien?
Mikronährstoffe und Pflanzenstoffe können leidgebeuteten Menschen auf sanfte Weise helfen, die unangenehmen Reaktionen in Schach zu halten und Lebensqualität und Wohlbefinden zurückzugewinnen.
Schwarzkümmelöl
Das Öl ist seit der Antike als Hausmittel bekannt und beliebt. Auch in unseren Breiten kommt das „Gold der Pharaonen“ bei Allergien, Heuschnupfen und atopischen Ekzemen zum Einsatz. Tatsächlich bestätigten Studien, dass Allergiker durch die Einnahme von Schwarzkümmelöl Linderung erfahren.
Astragalus
Der Extrakt aus der Wurzel wird in seiner chinesischen Heimat schon seit Langem als immunologischer Wegbegleiter geschätzt. Nun deuten Studien darauf hin, dass die Supplementierung mit Astragalus unserem Immunsystem helfen kann, sich in Gegenwart von potenziellen Reizstoffen nicht so schnell aus der Reserve locken zu lassen.
Probiotika & Darmunterstützung
Im Bereich der Allergie-Prävention hegen vor allem Probiotika vielversprechendes Potenzial: So zeigte eine Metaanalyse, dass sich besonders die frühkindliche Gabe von probiotischen Bakterienstämmen auf die Allergieentwicklung bei Kindern positiv auswirkt.
Auch eine Darmsanierung mit darmfreundlichen Mikronährstoffen – L-Glutamin, Zink, Pantothensäure – und Pflanzenstoffen – Kamillen-, Grüntee-Extrakt – können unterstützen.
Generell gilt: Eine genaue Diagnose und ärztlicher Rat sind das A und O.
Literatur beim Verfasser.